MIF-Verordnung (mit EAPS)
die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) veröffentlichte mit Wirkung zum 09.06.2016 neue Händlerbedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System.
Im Folgenden erhältst du einen kurzen Überblick über die in den neuen Händlerbedingungen getätigten Anpassungen. Die Änderungen dienen im Wesentlichen der weiteren Umsetzung der MIF-VO (siehe Abschnitt A) und der geplanten optionalen Einführung des kontaktlosen Bezahlens bei electronic cash-Transaktionen (siehe Abschnitt B).
Darüber hinaus wurden weitere kleine, formale Änderungen vorgenommen, die den zwischenzeitlichen Entwicklungen (u.a. Schließung der EURO Alliance of Payment Schemes, EAPS) Rechnung tragen sollen (siehe Abschnitt C).
A. Umsetzung der MIF-VO in den Händlerbedingungen
MIF ist die Abkürzung für Multilateral Interchange Fee und bezeichnet Interbankenentgelte, die eine Händlerbank bei Kartenzahlungen von Konsumenten an die Konsumentenbank zahlt.
Die MIF-Verordnung bezieht sich auf die im Europäischen Wirtschaftssystem herausgegebenen Karten (Kreditkarten von Visa und MasterCard sowie girocard-, Maestro- und V-PAY-Karten). Nicht betroffen von dieser Regelung sind die außereuropäischen Kreditkarten (z.B. American Express, Diners, JCB).
Gemäß Artikel 18 Absatz 2 MIF-VO treten verschiedene Regelungen in Kapitel III der MIF-VO zum 9. Juni 2016 in Kraft, die für alle Kartenzahlungssysteme in der Europäischen Union und damit auch für das girocard- System relevant sind. Die Deutsche Kreditwirtschaft möchte dabei die Vorgabe in Artikel 8 Absatz 6 der MIF-VO zu Co-badging und Wahl der Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung in Absatz 2 der Händlerbedingungen zum electronic cash-Vertragswerk berücksichtigen.
Dort wurde zur Klarstellung ein neuer Passus aufgenommen, wonach Handels- und Dienstleistungsunternehmen als Kartenakzeptanten die Möglichkeiten haben, bei den von ihnen akzeptierten Karten in ihren electronic cash-Terminals automatische Mechanismen zu installieren, die eine Vorauswahl einer bestimmten Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung treffen. Dabei wurde herausgestellt, dass der Karteninhaber nicht daran gehindert werden darf, sich über diese Vorauswahl hinwegzusetzen.
Zudem wird in Umsetzung von Artikel 11 MIF-VO sowie als Vorgriff auf Artikel 64, Absatz 2 der EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD II) in Absatz 2 der Händlerbedingungen die bisherige Möglichkeit der electronic cash-Händler eingeschränkt, bei Zahlung mit girocard von Verbrauchern einen Aufschlag zu erheben.
B. Einführung der Option des kontaktlosen Bezahlens im electronic cash-Vertragswerk
Im Zusammenhang mit der (optionalen) kontaktlosen Bezahlfunktion von girocard-Karten ist vorgesehen, den Kartenausgebern die Möglichkeit zu eröffnen, bei Kleinbetragszahlungen bis 25 Euro je Transaktion ggf. von der Notwendigkeit der PIN-Eingabe durch den Karteninhaber bzw. der daran anschließenden PIN-Prüfung (online durch den Kartenausgeber oder offline in der Karte) als Authentifikationsverfahren abzusehen. Hierzu finden sich nun korrespondierende Regelungen in Absatz 8 der Händlerbedingungen.
Dabei ist es ausschließlich eine Entscheidung des Kartenausgebers und nicht der DK-Verbände als Systembetreiber der girocard, ob ein teilnehmender Kartenausgeber solche Transaktionen im Kleinbetragsbereich ohne PIN anbieten und autorisieren möchte; wird eine entsprechende Transaktion ohne PIN-Eingabe und ohne PIN-Prüfung dann technisch erfolgreich (mit Hilfe von NFC) durchgeführt, ändert sich an der Zahlungsgarantie des Kartenausgebers gegenüber dem Kartenakzeptanten nichts.
C. Sonstige Änderungen im electronic cash-Vertragswerk
Die Überarbeitung der Händlerbedingungen dient auch als Anlass, die bislang noch enthaltenen Querverweise auf die Euro Alliance of Payment Schemes (EAPS) zu streichen, nachdem die belgische EAPS-Gesellschaft 2015 aufgelöst wurde.
Ferner soll ein stilistisch leicht überarbeitetes girocard-Logo formal im Technischen Anhang zu den Händlerbedingungen berücksichtigt werden.
Weiterhin sollen nunmehr nicht mehr aktuelle, beschreibende Passagen zum „Ablauf von electronic cash-Transaktionen“ im Technischen Anhang zu den Händlerbedingungen gestrichen werden.
Eine neue Regelung in Nr. 7 der Händlerbedingungen soll die seitens des girocard-Systems bestehenden Vorkehrungen aufgrund der Oversight-Anforderungen der Europäischen Zentralbank (EZB) an systemisch relevante Kartenzahlungssysteme der Eurozone nunmehr vertraglich abdecken.
Die neuen Händlerbedingungen kannst du oben im Menü einsehen.
Informationen zur Umsetzung der MIF-Verordnung
Gemäß der EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (MIF-VO) vom 29. April 2015 treten verschiedene Regelungen zum 9. Juni 2016 in Kraft, die für alle Kartenzahlungssysteme in der Europäischen Union relevant sind. Die einzelnen Aspekte werden im Folgenden erläutert.
Elektronische und optische Identifizierbarkeit
Unter anderem sollen Karten so ausgestattet sein, dass elektronisch und optisch erkennbar ist, um welche Art von Karte es sich handelt (z.B. Debitkarte, etc.), da hiervon abhängt, wie hoch das zulässige Interbankenentgelt ist.
Für das girocard-System ergibt sich daraus erfreulicherweise kein akuter Handlungsbedarf, da eine Karte bei Akzeptanz im girocard-System immer eine Debit-Karte ist.
Durch die auf der Karte aufgebrachte Marke girocard ist die Karte einwandfrei als eine im System zu akzeptierende Karte optisch erkennbar. Auf in Zukunft ausgegebenen Karten kann zusätzlich das Wort Debit aufgebracht werden.
Elektronisch wird die girocard heute durch die im Chip gespeicherte Kartennummer erkannt. Zusätzlich werden weitere Elemente im Chip ausgewertet, die bereits eine Zuordnung zum girocard-System ermöglichen. Zukünftig wird sogar ein spezielles Datenelement im Chip eingebracht, das die girocard als Debitkarte ausweist. Die Bezahlterminals werten diese Information zu Beginn einer Bezahlung automatisch aus, bevor eine girocard-Transaktion beginnt.
Generell gilt: Immer, wenn das Bezahlterminal eine Karte als girocard akzeptiert, handelt es sich auch um eine girocard, und damit immer um eine Debitkarte.
Zitat MIF-VO, Kapitel III, Artikel 10, Absatz 5:
Die Emittenten stellen sicher, dass ihre Zahlungsinstrumente elektronisch identifiziert werden können, damit Zahlungsempfänger und Zahler eindeutig feststellen können, welche Marke und Art von Guthaben-, Debit-, Kredit- oder Firmenkarte der Zahler gewählt hat.
Anwendungsauswahl
Außerdem räumt die sogenannte EU-Verordnung dem Händler das Recht ein, in Ihren Bezahlterminals automatische Mechanismen vorzusehen, die eine Vorauswahl einer bestimmten Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung treffen. Dabei darf der Karteninhaber nicht daran gehindert werden, sich über diese Vorauswahl hinwegzusetzen. In den neuen Händlerbedingungen wurde eine entsprechende Klarstellung aufgenommen.
Für Bezahlterminals, die nur girocard akzeptieren, sind keine technischen Änderungen erforderlich. Falls ein Bezahlterminal mehrere Zahlungsmarken akzeptiert, sind ggf. technische Modifikationen des Bezahlterminals erforderlich.
Zitat MIF-VO, Kapitel III, Artikel 8, Absatz 6:
Kartenzahlverfahren, Emittenten, Acquirer, abwickelnde Stellen und andere Anbieter von technischen Diensten statten ein Zahlungsinstrument oder eine an der Verkaufsstelle genutzte Ausrüstung nicht mit automatischen Mechanismen, Software oder Vorrichtungen aus, die die Wahl der Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung des Zahlers und des Zahlungsempfängers bei der Verwendung eines mit mehreren Akzeptanzmarken versehenen Zahlungsinstruments (CO-badging) einschränken. Die Zahlungsempfänger behalten die Möglichkeit, in der an der Verkaufsstelle genutzten Ausrüstung automatische Mechanismen zu installieren, die eine Vorauswahl einer bestimmten Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung treffen, allerdings dürfen die Zahlungsempfänger den Zahler nicht daran hindern, sich bei den Kategorien der vom Zahlungsempfänger akzeptierten Karten oder entsprechenden Zahlungsinstrumenten über diese automatische Vorauswahl, die der Zahlungsempfänger in seinen Geräten festgelegt hat, hinwegzusetzen.
Aufschlag
Zudem entfällt in Umsetzung der MIF-VO sowie als Vorgriff auf die überarbeitete EU-Zahlungsdienstleistungsrichtlinie (PSDII) die bisherige Möglichkeit, bei Zahlung mit girocard Verbrauchern einen Aufschlag zu erheben.
Zitat MIF-VO, Kapitel III, Artikel 11, Absatz 1: Lizenzvereinbarungen, Regeln der Kartenzahlverfahren, die von Kartenzahlverfahren angewandt werden, und zwischen Acquirern und Zahlungsempfängern geschlossene Vereinbarungen dürfen keine Regel enthalten, die Zahlungsempfänger daran hindert, Verbrauchern Anreize zur Nutzung eines vom Zahlungsempfänger bevorzugten Zahlungsinstruments zu geben. Unter dieses Verbot fällt auch jede Regel, die es Zahlungsempfängern untersagt, die kartengebundenen Zahlungsinstrumente eines bestimmten Kartenzahlverfahrens gegenüber anderen zu bevorzugen oder zu benachteiligen.
Zitat PSD2, Artikel 62, Absatz 4:
Die Mitgliedstaaten stellen in jedem Fall sicher, dass der Zahlungsempfänger keine Entgelte für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten verlangt, für die mit Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 Interbankenentgelte festgelegt geregelt werden, und für die Zahlungsdienstleistungen, auf die die Verordnung (EU) Nr. 260/2012 anwendbar ist.
Die EAPS-Gesellschaft wurde 2015 aufgelöst. Dementsprechend wurden 2016 noch enthaltene Querverweise in den Händlerbedingungen zur Teilnahme am System electronic cash gestrichen.
Neben der Internationalisierung eines Systems ist eine weitere Möglichkeit, nationale Systeme auf Europa auszudehnen, die Kooperation nationaler Systeme, ohne zu einem Co-Badging mit Maestro oder V Pay zu greifen. Dieser Ansatz wird von verschiedenen europäischen Betreibern unter dem Namen EAPS Euro Alliance of Payment Schemes verfolgt.
Seit November 2007 sind sechs europäische Debitkartenverfahren in EAPS verbunden, deren Ziel die gegenseitige, europaweite Akzeptanz ihrer jeweiligen Debitkarten an allen angeschlossenen Geldautomaten und POS-Terminals ist. Das in Deutschland vom Zentralen Kreditausschuss (ZKA) betriebene electronic cash- und Geldautomaten-System ist über die Frankfurter „EPCS European Payment Card Solution GmbH“ an der Brüsseler EAPS-Gesellschaft beteiligt