Belal Almahamid

Al Midan Aldimaschki, Essen & Düsseldorf | Wurzeln in Syrien

Im Jahr 2015 musste ich meine Heimat Syrien verlassen. Seit 2011 dauert der Krieg dort an und meine Heimatstadt war der Ausgangspunkt der Proteste gegen das Regime, dessen Gewalt sich sogar gegen Kinder richtete. Die Stadt ist durch den Bürgerkrieg inzwischen total zerstört, meine Straße, mein Haus, all das gibt es nicht mehr. Wir waren lange dortgeblieben aber irgendwann ging es nicht mehr, auch die Versorgungslage war katastrophal.

Ein Teil meiner Familie flüchtete nach Jordanien, aber ich hatte bereits Bekannte, die es nach Deutschland geschafft hatten, und wollte auch hierher. Deutschland schien mir für die Zukunft meiner Familie ein sicherer Ort zu sein.

Mit einem kleinen Boot setzen wir nach Griechenland über. Wir waren 30 Leute auf dem Boot und drei Tage auf dem Wasser! Wir wurden nach Mazedonien geschickt, von da aus machten wir uns auf den langen Fußweg Richtung Deutschland. Jeden Tag liefen wir 18 Stunden, bis wir endlich in Ungarn ankamen.
Die sogenannte Balkan-Route ist nicht ohne Gefahren, Flüchtlinge werden bestohlen, überfallen, misshandelt, sogar von der Polizei. Flüchtlingen werden faire Asylverfahren verweigert, es kommt auch zu illegalen Ausweisungen. Also liefen wir und liefen wir.

Von der ungarischen Grenze aus nahmen wir ein Taxi nach Budapest. Ich konnte kaum noch meine Füße spüren. Von dort aus wurden wir in einem Auto für 500 Euro bis Wien gefahren. Mit dem Zug konnten wir dann nach München weiter. Von Bayern aus wurde ich weitergeleitet und in einer kleinen Gruppe zuerst nach Brandenburg geschickt. Die erste Station dort war Frankfurt an der Oder.

Wir waren Gäste in Deutschland und wollten höflich zu den Leuten sein. Aber wir wurden auf der Straße beschimpft, immer wieder gab es dort Pöbeleien. Wir wurden umgesiedelt nach Königs- Wusterhausen. Dort war es kaum besser, hier musste ich mich sogar im Jobcenter von anderen Leuten „Kanake“ titulieren lassen. Es war für die Behörden in Königs-Wusterhausen unmöglich, eine geeignete Unterkunft für mich zu finden, aber in Essen hatte ich Freunde, dort konnte man mir auch eine Wohnung vermitteln.

Hier ist das Leben besser. Es gibt viele Ausländer, die Menschen sind daran gewöhnt und ich spüre keinen Hass. Es gibt sogar viele, die helfen ohne viel zu fragen und so habe ich auch schon Freundschaften schließen können.

Es wird oft gefragt, warum nur die Männer flüchten und ihre Frauen zurücklassen. Einige werfen uns vor, die Familie im Stich zu lassen. Aber wir wussten um die Anstrengungen und Gefahren der Flucht. Diesen Umständen konnte ich meine Frau nicht aussetzen. Wir glaubten damals an eine schnelle Nachreise, aber es dauerte ein bisschen, bis das ging. Nach einem Jahr konnte ich meine Frau aber nach Deutschland holen.

Ich bin froh, dass ich jetzt unabhängig hier leben kann. 2017 habe ich mein erstes Restaurant am Salzmarkt in Essen eröffnet und Anfang 2019 schon mein Zweites: in Düsseldorf. Wir haben viele arabische Gäste, aber auch neugierige Deutsche, die unser Essen probieren möchten und dann wiederkommen.

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