Aryou Ghasemi-Nobakht

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Planet 16, Moers | Wurzeln im Iran

Schink: Du bist einer der Gesprächspartner, denen man die ausländische Herkunft deutlich ansieht. Ich habe auf diese Begegnung viel Wert gelegt.

Ghasemi: Das freut mich, oft reagieren die Menschen viel negativer auf mich. Dabei verhalte ich mich wie ein ganz normaler Mensch. Wenn Leute mit meinem Erscheinungsbild sich danebenbenehmen, macht mich das traurig, weil es auf alle negativ abfärbt und Vorurteile bestätigt.

Schink: Wie macht sich das im Alltag bemerkbar?

Ghasemi: Ein Beispiel: Wenn ich in eine Bäckerei komme und vor mir sind ein paar deutsche Frauen dran.. da wird geredet, geschwätzt, gelacht.. Und wenn ich dann drankomme, ändert sich die Stimmung schlagartig. Ich werde einfach anders bedient.

Schink: Die Leute haben ihre Vorurteile

Ghasemi: Jeder hat Vorurteile, ich auch. Man sagt vielleicht mal im Freundeskreis sowas wie „Schlitzi“, „Ölauge“ oder so. Aber in der Öffentlichkeit sagt man sowas nicht. Man weiß einfach, dass sowas falsch ist. Und trotzdem begegnet man offener Diskriminierung eigentlich fast täglich.

Schink: Wie würdest du deine Identität beschreiben. Eher deutsch oder eher iranisch?

Ghasemi: Ich fühle mich einfach als Mensch. Ich kam mit 11 Jahren aus dem Iran nach Deutschland. Noch heute sagen viele Leute lobend zu mir „du sprichst aber gut deutsch“. Die meinen das bestimmt nicht böse aber für mich ist es abwertend. Ich bin hier zur Schule gegangen, ich habe meinen Abschluss gemacht, ich habe hier ein Geschäft, eine Familie. Warum sollte ich denn nicht gut deutsch sprechen?

Schink: Dein Sohn ist also die zweite Generation. Läuft es da anders?

Ghasemi: Mein Sohn ist halb deutsch, halb iranisch. Er wird immer auch als Ausländer wahrgenommen. Wenn er neue Leute kennenlernt, besteht zumindest immer Klärungsbedarf, weil auch er eine dunklere Haut hat. Erst wenn er erzählt, dass es ein „Mischling“ ist, klärt sich die Situation und der Umgang normalisiert sich. Vielleicht heiratet wer mal eine Chinesin und die Kinder werden sich wieder mit anderen vermischen. Gott sei Dank werden wir dann immer weniger Grund für Rassismus haben.
Der Iran war früher ein ganz anderes Land. Erst als die Mullahs kamen und das Land autoritär regiert haben, hat sich alles zum Negativen verändert. Wäre das anders gekommen, würden wir heute ein ganz anderes Ansehen genießen. Der Iran war ein hochmodernes Land, die Frauen waren emanzipiert und modisch gekleidet. In der sechsten Klasse erzählte meine Klassenlehrerin noch über Urlaube am Schwarzen Meer, die sie selbst dort verbracht hatte. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

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